Bild oben: Christian Wolf und Oliver Jäger von der Brauerei Borussia
Oder vielleicht doch? Zum Festival der Dortmunder Bierkultur kamen 36 Brauer, die circa 350 Biere präsentierten. Während die Bierlokale in der Innenstadt voll waren, war die Besucherzahl des Festivals eher verhaltener – trotz einer perfekten Symbiose zwischen Fußball und der Bierkultur Dortmunds: die neu gegründete Borussia Brauerei.
Dortmund war einst unumstritten die Bierstadt Nummer 1. Das war einmal. Dennoch dreht sich in der Stadt noch immer alles um das Bier, ähnlich wie beim BVB. Der dominierende Bierstil in der Westfalenstadt ist nach wie vor das Pils. Diese Vorliebe für ein bestimmtes Bier könnte erklären, warum viele Dortmunder wenig mit der Vielfalt anderer Biersorten anfangen können.
Die Wurzeln der Borussia Brauerei und ihre rechtliche Anerkennung
Der Ursprung von Borussia Dortmund liegt bekanntermaßen in der Kneipe „Zum Wildschütz“ am Borsigplatz. Bei der Namensgebung wollten die Gründungsmitglieder nicht lange überlegen und wählten am 19. Dezember 1909 einfach den Namen des dort ausgeschenkten Bieres: Borussia.
Heute hat die wiederbelebte Marke ihren Firmensitz im Gründungshaus des BVB. Brauer des Borussia-Bieres ist Christian Wolf, Geschäftsführer und Inhaber ist Oliver Jäger. Er hat sieben Jahre lang hinter den Kulissen um die Markenrechte mit den Vereinen Borussia Dortmund und Borussia Mönchengladbach verhandelt. Alle Formalitäten sind nun erledigt, und das Bier – Borsigplatz Style Export – kann nun rechtssicher genossen werden. Es war keine Überraschung, dass der Container der Borussia-Brauerei, zumindest am Samstag, der meistfrequentierte Stand auf dem Festival war.
Dortmunder Bier auf dem Festival
Neben der Privatbrauerei Bergmann waren auch die bekannten Dortmunder Klassiker Kronen, Brinkhoff und Hövels, mittlerweile unter dem Radeberger-Dach vereint, vertreten. International gab es Karlovacko Pivo aus Kroatien, das Estrella Damm aus Barcelona (im Jahr 1875 vom Elsässer August Damm gegründet), und das Budweiser Budvar.
Festival der Dortmunder Bierkultur mitten in der City
Der Hopfen in der Würze des Festivals sind natürlich die Craft- und Mikro-Brauereien. Ein Brauer, der eigens aus Saarbrücken angereist war, ist Bernd Pfeil mit seiner Brauerei Tiny Brew, die in einem ausrangierten Seecontainer untergebracht ist. Zusätzlich betreibt er auch eine Gastronomie in der Völklinger Hütte.
Bier-Koryphäen
Viele bekannte Bier-Koryphäen waren ebenfalls auf dem Festival vertreten. Allen voran Sebastian Sauer, der wohl meistgereister Gypsy-Brauer der Welt. Bier-Erfolgsautor Ferdinand Laudage schenkte mit seinem Partner Markus Maurer von der Bieragentur DO selbst gebraute Biere aus. Vom Niederrhein waren Jonas Rödig und Patrick Schröder von der Brauerei Hensen in Mönchengladbach sowie Torsten Mömken von Brauprojekt 777 in Voerde angereist.
Eine herausragende Brauerin, die sich seit Jahren erfolgreich in der Craft Beer-Szene behauptet, ist Christina Triefenbach mit ihrer Clucking Hen Creative Brewing aus Meschede. Nachdem sie jahrelang als Hobbybrauerin aktiv war, gründete sie im Jahr 2018 ihr eigenes Label. Ihre Rezepturen werden in Belgien nach ihren Vorgaben gebraut.
Spannende und abwechslungsreiche Biere
Keine Frage: Das Festival der Dortmunder Bierkultur bot den Besuchern spannende und abwechslungsreiche Biere. Es präsentierte eine ausgewogene Mischung aus bekannten Marken und neuen Bieren. Doch aus meiner Sicht schien das Festival möglicherweise weniger Besucher anzuziehen als erwartet. Es scheint, dass konventionelle Biertrinker noch Schwierigkeiten haben, Zugang zu neuen Biererlebnissen zu finden.
Trotz der Vielfalt an Brauereien und Biersorten, die auf dem Festival präsentiert wurden, scheinen einige Menschen immer noch an den traditionellen und vertrauten Bieren festzuhalten. Der Wandel hin zu neuen Geschmacksrichtungen und innovativen Braumethoden erfordert Zeit und Offenheit, um akzeptiert zu werden.
Eine Herausforderung: Zugang zur neuen Bierkultur
Andererseits gibt es auch eine Diskrepanz zwischen den Vorlieben der Bierenthusiasten und dem „nicht geschultem“ Geschmack. Oftmals wird bei der Entwicklung neuer Biere möglicherweise am (großen) Markt vorbei gebraut.
Während diejenigen, die offen für unkonventionelle Biere und neue Geschmacksrichtungen sind, große Freude an der Experimentierfreudigkeit der Brauer haben, sollte auch bedacht werden, dass Wirtschaftlichkeit eine wichtige Rolle spielt. Es ist entscheidend, auf die Bedürfnisse und Vorlieben der Konsumenten einzugehen, um ein breiteres Publikum anzusprechen. In diesem Sinne könnte es sinnvoll sein, ein oder zwei „Brotbiere“ anzubieten – Biere, die eher den Geschmack der traditionellen Biertrinker ansprechen – und dann die Vielfalt und Kreativität der Bierwelt zu präsentieren.
Stand der Bieragentur DO
Indem der Fokus auf eine ausgewogene Auswahl gelegt wird, können sowohl Pflicht als auch Kür abgedeckt werden. Das bedeutet, den traditionellen Biertrinkern eine vertraute Option anzubieten, während gleichzeitig Raum für neue und innovative Biere geschaffen wird. Dieser Ansatz könnte dazu beitragen, die Akzeptanz und das Verständnis für die neue Bierkultur zu fördern und diejenigen einzubeziehen, die bisher noch keine Verbindung zu ihr finden konnten.
Es ist ein Prozess, bei dem alle Beteiligten – Brauer, Bierexperten und Konsumenten – zusammenarbeiten müssen, um die Entwicklung und den Erfolg der Bierkultur voranzutreiben. Durch den Dialog und das gegenseitige Verständnis können Brücken zwischen den verschiedenen Geschmacksvorlieben geschlagen werden.
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